Die Kontrollnetze und 'Rechnenden Räume' des Konrad Zuse im "Dritten Reich"
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Die über den Nachlass jetzt zugänglich gewordenen Korrespondenzen und zusätzlichen Dokumente und Texte vermitteln ungeachtet aller Nachlasslücken ein schärferes Bild der technisch-wissenschaftlichen, politischen und weltanschaulichen Entwicklung Konrad Zuses von den späten 20er bis in die 40er Jahre. Sie lassen deutlicher den Wandel von einem künstlerisch ambitionierten, technisch verspielten, mit neuen Medien und Automaten experimentierenden Erfindertalent zu einem durch die Weltwirtschaftskrise verunsicherten Ingenieurstudenten erkennen, der nach beruflichem, gesellschaftlichen und weltanschaulichem Halt suchte. Er ordnete sein Ingenieurweltbild mit Henry Fords Heilsbotschaft, die sozialen Konflikte durch ein neues gesellschaftliches Regulationsmodell auf der Basis von Automatisierung und Massenproduktion zu lösen. Er fand Halt in Spenglers radikalkonservativem „preußischen Sozialismus“, der mit den Mitteln der „faustischen Technik und Erfindung“ die Gesellschaftskrise in Deutschland überwinden und mit einer „weißen Weltrevolution“ den drohenden Untergang aufhalten wollte. Zuse begriff sich mit seinem „faustischen Projekt“ eines ‘universalen’ Rechenautomaten sogar als Vollstrecker der Spenglerschen Prophezeihung des kommenden „Zeitalters, in dem alles berechnet werden kann“. Er formte seit den frühen 30er Jahren ein rechtskonservatives Weltund Gesellschaftsbild, in dem sich technokratische Aspirationen zur Berechnung, Kontrolle, Steuerung und Ordnung der gesellschaftlichen Kräfte und die politisch-soziale Konstellation des nationalsozialistischen Deutschland mehr und mehr durchdrangen. Die Integration wurde verstärkt durch den erfolgreichen beruflichen Einstieg in ein Unternehmen, das unmittelbar von Hitlers Aufrüstung profitierte. Mit seinem Bestreben, die Erfindung unter allen Umständen zu realisieren und, nach Kriegsbeginn, der Einberufung an die Front zu entgehen, geriet er immer mehr in die Mühlen von Militärtechnik und Kriegswirtschaft. Zuses ambitioniertes Projekt einer programmgesteuerten Rechenmaschine kam dadurch trotz des zivilen Ursprungs Ende der 1930er Jahre zunehmend in militärisches Fahrwasser. Seine Versuchsanlagen wurden ab 1940 entgegen späterer Selbsteinschätzung mit insgesamt ca. 300 Tsd. RM relativ großzügig von (halb-) staatlichen und militärischen Stellen gefördert. Zudem erhielt er seit Anfang 1943 und verstärkt seit der Einbeziehung in das „Jägerprogramms“ ab November 1944 immer weitergehende kriegswirtschaftliche Privilegien. Die Zuse-Firma wurde so am Ende zu einem Anhängsel der militärischen Flugzeugund Flugbomben-Entwicklung.
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